Als ich gefragt wurde, ob ich Lust hätte, die Berlinale zu besuchen, war ich mir nicht wirklich sicher, was mich erwarten könnte und mein bisher einziges Date mit der Hauptstadt hat auch keinen eindeutigen Eindruck hinterlassen. Also habe ich dem „Berlinale-Schnupperkurs“ einfach „ja“ gesagt.
Das Abenteuer begann mit dem Versuch, die Karten für den prominent besetzten „La belle et la bête“ von Christophe Gans online zu bestellen. Die einfache Tatsache, dass die Tickets für ALLE Vorstellungen innerhalb von 2 Minuten ausgebucht wurden, hat den weiteren Ablauf mehr oder weniger bestimmt. Im Klartext: Karten spontan vor Ort kaufen. Am Ende des Tages sind wir in jede Vorstellung rein, die auf der Agenda stand. Schlangen am Schalter gab es wirklich keine. Dabei waren die Kinos immer voll – egal ob am frühen morgen bei einem Massenprodukt oder am späten Abend bei einer sozial orientierten, an der Independent-Movie-Schiene grenzenden Vorstellung. Die durch die Halle laufenden und nach freien Plätzen suchenden Mitglieder des ORGA-Teams sowie ein Streit um die „reservierten“ Plätze gehören dazu. Fazit: Pünktlich kommen muss man nicht nur zum roten Teppich, um den George zu treffen, sondern auch in die Vorstellung, um den Film zu sehen.
Wie es für einige schon ersichtlich wurde, war „La belle et la bête“ der erste Film. Nach meiner persönlichen Skala verdient er 100 von möglichen 10 Punkten. Wo die 33 Mio. Budget (für eine europäische Produktion eine fette Summe) hingeflossen sind, sieht man sofort: Mega-geile Computer-Animationen, Top-Kostüme, wunderschöne Musik und, natürlich, Besetzung – nicht nur Vincent Cassel, sondern jeder Schauspieler und jede Schauspielerin waren sehr überzeugend. Mich persönlich hat auch Yvonne Catterfeld mit ihren Französisch-Kenntnissen sehr überrascht und beeindruckt. Ein paar Stunden nach der Vorstellung durften wir zufälligerweise noch ein fast verzweifeltes Ehepaar überzeugen,
in den Film reinzugehen. Ich hoffe, es hat ihnen gefallen.
Bei den Shortfilms zum Thema Generation 14 ging es um Probleme, Gefühle und Emotionen der Teenager, die ihr Erwachsen-werden begleiten. Bei einigen hat es auch nach einer „Nachbesprechung“ nicht eingeleuchtet. Ein Film war eine verrückte Animation in Sepia-Farben und Lärm als Soundtrack. Aber den Spruch, dass das Beste zum Schluss kommt, gibt es nicht umsonst – tolle Geschichten, die zum Nachdenken und Handeln animieren.
Zum Abschluss kam ein Panorama-Film namens „Test“. Er beschäftigt sich mit dem Thema der Homosexualität und der ersten HIV-Welle in der Mitte der 80er Jahre. Soziale Fragestellungen, romantische (und nicht nur) Gefühle, tolle Dance-Acts und auch eine gute Prise Humor: Ein echt schöner und absolut empfehlenswerter Film für alle, die auf Art-House-Kino stehen.
Vielleicht waren es das durchgehend tolle Wetter und die Sonne, vielleicht die Berlinale an sich, vielleicht auch das Unterhaltungsprogramm danach, vielleicht auch alles das zusammen: Nächstes Jahr werde ich definitiv die Berlinale besuchen und, wenn es klappen sollte, gerne etwas länger. Und eine Woche in Berlin kann man schon gut aushalten 😉