Gesellschaft, Reflektionen

Über modernes Zeitmanagement und Hobbys

Der neue Werbespot von Internet-Explorer hat mich wieder auf den immer wieder wiederkehrenden Gedanken in meinem Kopf zurückgebracht: Ist das aktive Leben und Erleben eine Sache des Alters oder des Zeitalters?
Als ich klein war, habe ich die Welt nicht durch das Objektiv einer Handy-Kamera gesehen, sondern durch meine eigenen Augen. Ich hatte keine Rückenschmerzen, weil ich Sport trieb, indem ich lief und sprang. Ich las Bücher, konnte Lieder auswendig und hab regelmäßig gesungen. Dabei schaffte ich auch mehrere echte Freundschaften (und nicht eine pseudo-lebendige Online-Liste) richtig zu pflegen UND noch genügend zu schlafen.

Mittlerweile leidet jeder Mensch aus meiner Umgebung unter Stress und jeder zweite unter Rückenschmerzen. Die Wenigsten haben ein richtiges Hobby. Ein solches Hobby, in welches man genau so viel Leidenschaft investieren würde, wie in Sticker-Sammlungen in Kindheit. Mit dem Sport sieht es mittlerweile (nach meiner persönlichen Einschätzung) besser aus, aber auch nicht so gut, wie es sein könnte. Rückenprobleme sind wie bekannt da. Daher – nicht ausreichend. Eine Ausstellung zu besuchen, in Theater zu gehen – solche Geschichten gehören zu den Jahresevents, die im Kalender rot markiert werden.
Arbeiten – Essen – Schlafen. Keine Zeit, bin im Stress: Das ist das Szenario, welches mir von jeder Seite ins Ohr geflüstert wird, und welches mir selber nicht ganz fremd ist.
Erstaunlich sind an der Stelle aber die Dinge, für die man die Zeit doch findet: Irgendwas komplett Unnützes auf Facebook zu veröffentlichen oder den Abend bei Zuschauen der nächsten Reality-Show zu verbringen. Und das – anstatt sich mit den Freunden-Bekannten-Verwandten zu treffen oder zumindest diese anzurufen.
Wozu anrufen, wenn es jetzt what’s app gibt? Wozu sich treffen, wenn man über sein Leben nicht nur eine Person, sondern mehrere gleichzeitig informieren kann. Wir blocken den persönlichen Kontakt ab und lösen uns in der digitalen Welt auf. Sind die echten Impressionen nicht wichtiger, als die Anzahl der Likes und Followers?
Ich bin selber ein Teil der digitalen Netzwerke – schließlich schreibe ich diesen Blog. Und klar – manchmal will man bewusst abschalten und sich z. B. den Dschungel-Camp anschauen. Nur dass die Ausstrahlung solcher Shows im Prime-Time und die Anzahl der Posts auf Facebook pro Tag sprechen dafür, dass ziemlich hoher Anteil der Menschen ziemlich faul geworden ist und in das echte Leben noch zurückfinden muss. Für den Anfang würde ich ein Hobby empfehlen.
PS: Für diejenigen, die es nicht zwischen den Zeilen gelesen haben – als jemand, der nach den Werken von Stendal und Dostojewski gebildet war, finde ich die meisten Reality-Shows wirklich degradierend.
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